NEUER DEUTSCHER GENREFILM

FILMFOKUS VON APRIL BIS JUNI 2016

Ja, es gibt sie tatsächlich nach wie vor: Junge, mutige Filmemacher aus deutschsprachigen Gefilden mit so un- wie außergewöhnlichen Geschichten, fernab des oberlehrerhaften Betroffenheitskinos, drögen Arthouse-Kitsches und Schweig(höf)erscher Belanglosigkeiten. Eben das, was man als Kinogänger hierzulande sonst so als„ deutsche Qualitätsproduktionen“ vorgesetzt bekommt. Unter dem Motto „Junger deutschsprachiger Film“ beschäftigt sich das Zebra bereits seit über zehn Jahren mit Erstlingswerken hoffnungsvoller Talente, die das Potential haben, später einmal die ganz großen Leinwände mit ihren Werken zu füllen.

Im April und Mai wollen wir nun einen ganz bestimmten Aspekt des deutschen Nachwuchskinos beleuchten: Verstärkt kommen in den letzten Monaten Produktionen in die Kinos, die es nach gefühlt unendlich langer Zeit endlich wieder wagen, sich dem Genre-Kino anzunähern. Ob nun Nikias Chryssos‘ Der Bunker, eine äußerst unterhaltsame kammerspielartige Satire auf das Bildungssystem und – laut Pressezitat – eine Mischung aus David Lynch und Helge Schneider, AKIZ‘ mit wummernden Techno-Beats unterlegter Coming-of-Age-Monsterfilm Der Nachtmahr oder der österreichische Beitrag Ma folie, ein hochspannender Psychothriller: Sie alle bringen frischen Wind in die hiesige Kinolandschaft, die sich viel zu gerne auf die scheinbare Zugkraft filmischer Moralpredigten sowie hochnotpeinlichen Schenkelklopferhumors verlässt.
Natürlich werden wir zu den insgesamt vier Fokusbeiträgen zu bestimmten Vorstellungen auch wieder die Filmemacher selbst begrüßen dürfen.

DER BUNKER

14. – 26. APRIL 2016

Skurril, grotesk, absurd erscheint Nikias Chryssos Debütfilm Der Bunker auf den ersten Blick. Doch dem Film geht es um mehr als verstörende Bilder und cineastischen Konventionsbruch. In jener Baulichkeit lebt eine Familie in ihren ganz eigenen bizarren Familienstrukturen. Hier ziehen Mutter und Vater ihren achtjährigen Sohn Klaus auf, der allerdings bereits das Aussehen eines Dreißigjährigen besitzt. Abgeschottet und fernab aller gesellschaftlichen Konventionen genießt das Söhnchen dort den Privatunterricht und die Weltanschauungen des Vaters. Dieser möchte Klaus zu intellektuellen Höchstleistungen motivieren, damit er eines Tages als Präsident ins Weiße Haus einziehen kann. Gerne darf diesem väterlichen Bestreben mit anachronistischen Pädagogikformen wie dem Bambusstecken nachgeholfen werden.

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MA FOLIE

28. APRIL – 02. MAI 2016

Eine Pariser Bar. Blicke treffen sich. Zarte Berührungen werden ausgetauscht. Frühstück im Bett am nächsten Morgen. Klassisch französisch mit Croissant und Marmelade. Liebesschwüre via bearbeiteten Videobotschaften. Fernbeziehung. Vermissen. Amour fou. Ein banaler und alltäglicher Beziehungsauftakt zwischen Yann und Hanna. Aber Yann umgibt ein dunkles Geheimnis: Er ist ein Getriebener, ein Jäger. Seine Beute, der er auflauert – Hanna. Die Kinderpsychologin ist der Motor seiner Obsession, seines unersättlichen Verlangens. Getrieben von Eifersucht und Verlustängsten wird Yann für Hanna von der einstigen Verheißung zum Albtraum. Die Liebes-Videobotschaften sind von nun an mit blutrotem Filter bearbeitet und mit Szenen von Gräuel untermalt. Stalking. Hanna wird etwas für Menschen Fundamentales entrissen: Das Urvertrauen in Sicherheit. Die Gefahr durch Yann lauert überall; im Treppenhaus, mit einem Zweitschlüssel in der Wohnung, auf dem Nachhauseweg, voyeuristisch im Schwimmbad. Yann ist fixiert auf Hanna durch sein Nachstellen und seiner eindimensionalen Besessenheit, aber Hannah ist durch die ständige Bedrohung und einem Ohnmachtsgefühl ebenfalls aus Furcht fixiert auf Yann. Wo ist er und was hat er als nächstes vor? Verfolgungswahn stellt sich ein. Der banale Alltag wird zur Herausforderung für Hanna. Nirgends fühlt sie sich mehr sicher, die unsichtbare Gefahr umgibt sie.

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DER KUCKUCK UND DER ESEL

20. – 23. MAI 2016

Wer glaubt, dass Quentin Tarantino der Einzige ist, der Drehbücher mit bitterbösem schwarzen Humor schreiben kann, wird von Andreas Arnstedt eines Besseren belehrt. Sein zweiter Langspielfilm Der Kuckuck und der Esel ist ein perfides Katz- und Mausspiel, stringent bis zur letzten Sekunde.

Getreu dem Kinderlied „Der Kuckuck und der Esel / die hatten großen Streit / Wer wohl am besten sänge?“ liefern sich die zwei Streithähne Conrad und Stuckradt einen erbitterten Kampf um ein Drehbuch. Conrad Weitzman wäre wohl, frei nach dem Volkslied, der Esel: Dieses Tier kann nicht besonders gut singen und versucht, diesen Makel durch lautes Schreien wett und damit auf sich aufmerksam zu machen. Conrad arbeitet seit Jahren erfolglos an einem Drehbuch über die Romanze seiner Eltern. Da seine Mutter bereits verstorben ist, soll wenigstens sein greiser Vater noch die Chance bekommen, sein „Meisterwerk“ erleben zu dürfen. Stuckradt Halmer verkörpert den Kuckuck in der cineastischen Fabel: Der Kuckuck ist ein Vogel, der seine Eier in die Nester von Singvögeln ablegt und selbst keine Brutpflege betreibt. Stuckradt wäre gerne ein Singvogel, aka Drehbuchautor. Da er aber selbst nicht begnadet genug dafür ist, arbeitet er als Redakteur und Kritiker für die Medienbranche und lässt andere die Arbeit machen.

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DER NACHTMAHR

26. MAI – 06. JUNI 2016

Der vierte im Bunde des Fokus Junger Deutscher Genrefilm ist ein wahrer dämonischer Sinnesrausch. Obwohl kein Newcomer im eigentlichen Sinne, ist dem 47-jährigen AKIZ, aka Achim Bornhak, sein ganz eigenes Debüt gelungen. Klar, da waren schon filmische Produktionen in seinem Leben, aber nie so selbstbestimmt und mit so einer langen Genese: zehn Jahre lang feilte man an dem gnomhaften Monster, die Story kam dazu und wurde mit einem beachtlich schmalen Budget von 100.000 Euro realisiert.
Im Film dreht es sich um einen wesentlichen Bruch im Leben der 16-jährigen Tina, der es in ihrer Coming-of-age-Phase zuerst recht gut geht: Sorgloses Tocher-Sein in der gehobenen Mittelschicht, erfolgreich in der Schule, nicht unbeachtet von den Jungs, viel Feiern im Berliner Nachtleben.

Doch ändert sich so Einiges auf einen Schlag nach einer großen Sause – etwas Fremdes tritt in ihr Leben. Albträume übernehmen den Platz der Träume, Befangenheit und Verstörung den der Ausgelassenheit und vor allem ist da diese unheimliche, abgrundtief hässliche Kreatur! Ängste drücken sich unkontrolliert in ihr Leben – das Umfeld schlägt Alarm.

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